Der Arbeitsplatz der Zukunft
Sieht man sich Filme und Bilder von Büros aus den 60er und 70er Jahren an, dann fällt vor allem eines auf: Es fehlen die Computer. Und die Farbwahl ist etwas veraltet. Aber ansonsten hat es im letzten halben Jahrhundert wenig fundamentale Veränderungen gegeben, wie die Arbeitsplätze aussahen. Natürlich ist unter der Haube einiges optimiert worden, doch äußerlich betrachtet blieb die große Revolution weitestgehend aus. Es herrscht eine Mischung aus Großraumbüros, Einzel- oder Kleingruppenbüros, dazu Meetingräume. Die einzelnen Abteilungen sitzen gemeinsam in ihrem Bereich und richten sich dort ein. So weit, so bekannt.
Allerdings kommen die meisten Studien und Beobachter zum gleichen Ergebnis: Die Büros und Arbeitsplätze der vergangenen Jahrzehnte sind überhaupt nicht dazu geeignet , Teamwork, Kreativität und Effektivität zu fördern. Aus der One size fits all-Idee ist so in den meisten Arbeitswelten eher ein one size fits nobody geworden. Und noch immer setzen viele Unternehmen bloß auf bewährte Konzepte, während rechts und links die Ideen sprießen, wie moderne Arbeit funktionieren könnte.
Natürlich sind nicht alle Neuerungen für alle Unternehmen geeignet und die digitale Transformation macht allein noch niemanden glücklich. Doch sicher ist, dass der Arbeitsplatz der Zukunft ein ganz anderer sein wird, als jener der vergangenen fünfzig Jahre.
Der physische Arbeitsplatz
Feste, individuelle Arbeitsplätze werden in vielen Bereichen wohl eher die Ausnahme als die Regel sein. Und ehrlich betrachtet sind schon jetzt praktisch nie alle Mitarbeiter gleichzeitig an ihren Tischen. Home Office, Urlaub, Krankheit, Meetings, Dienstreisen und ähnliches sorgen ohnehin für eine große Flexibilität. Diese Erkenntnis kann folgerichtig auch im Büro umgesetzt werden.
Die Flexibilität könnte so aussehen, wie es manche Unternehmen in Ihren Büros bereits heute andenken. Die Arbeitsfläche ist unterteilt in Bereiche für Teamarbeit, für fokussierte individuelle Arbeit, Kreativbereiche, flexible Meetingräume und Bereiche zur Entspannung. Hinzu kommt natürlich weiterhin die notwendige Infrastruktur aus Küchen, Toiletten und ähnlichem. Mitarbeiter suchen sich ihren Arbeitsplatz also flexibel danach aus, was sie zu tun haben. Dadurch ist es völlig ausreichend, weniger Arbeitsplätze als Mitarbeiter vorzuhalten, was natürlich auch direkte finanzielle Auswirkungen hat.
Wenn es gut gemacht wird, dann bedeutet das auch nicht, dass Arbeitnehmern grundlos ihr Schreibtisch entrissen wird. Die neue Arbeitswelt verändert auch die Berufe selbst. Es wird bald immer weniger Aufgaben geben, bei denen es überhaupt sinnvoll ist, den Großteil eines Tages neben denselben Leuten an dem gleichen Tisch zu verbringen.
Und, nicht zu vergessen: einer der häufigsten und beliebtesten Arbeitsplätze der Zukunft ist... nicht am Arbeitsplatz. Home Office ist seit Jahren in vielen Unternehmen etabliert und der Trend geht mitunter gar zum „out of Office“. Das Modell der Digital Nomads beispielsweise wird in Zukunft nicht mehr nur für Freelancer eine Option sein. Und auch viele der häufigsten Gegenargumente zu Home Office & Co greifen nur oberflächlich. Denn der Behauptung, dadurch fehle es an Einbindung ins Team und mitunter sogar an Kontrollmöglichkeiten, ist bei näherem Hinsehen bloß ein Symptom anderer, tieferer Probleme. Wenn Arbeit gut gemacht ist, haben die Mitarbeiter ein eigenes Interesse daran, auch mal im Büro zu sein und sich auszutauschen. Abgeschafft sind Büros, Teamevents und ähnliches ja keineswegs. Und, ganz ehrlich, wer in Zeiten von agiler Eigenverantwortung noch auf Kontrollzwänge setzt, hat ohnehin an anderer Stelle ein Problem.
Der Digital Workplace
Eine der zentralen Antworten auf die Frage, wie Zusammenarbeit im 21. Jahrhundert funktioniert, ist der so genannte Digital Workplace. Natürlich ist der Begriff schon seit Jahren in aller Munde, doch der „digitale Arbeitsplatz“ ist noch längst nicht überall angekommen. Und der Weg ist an vielen Stellen noch weit. Denn ein „Unternehmens-Facebook“ und Software zur Social Collaboration sind lediglich ein Bestandteil der digitalen Arbeit.
Viel wichtiger wird die totale Durchdringung der Arbeit mit intelligenter, digitaler Technik und die jederzeitige Verfügbarkeit aller Informationen sein. Dazu sind neue Anwendungen und neue Software genau so nötig, wie die Bereitschaft, auch tatsächlich digital zu arbeiten. Mitarbeiter sollten in Zukunft nicht mehr nach Informationen und Dateien suchen müssen. Am Arbeitsplatz der Zukunft schlagen Künstliche Intelligenzen selbstlernend die wichtigsten Dokumente vor. Die Arbeitnehmer haben dann selbst die Möglichkeit, sich ihre Tools und Systeme so anzupassen, wie sie es für Ihre Arbeit benötigen. Denn natürlich unterscheidet sich der Alltag eines Controllers auch in 20 Jahren noch von der eines Marketing Managers. Die Individualisierung der Arbeit ist eines der großen Elemente des digitalen Arbeitsplatzes. Das Management des digitalen Arbeitsplatzes muss allerdings erlernt und wirklich verstanden werden. Das ist ein Prozess, an dessen Anfang sehr viele Unternehmen und Arbeitnehmer sich noch immer befinden.
Natürlich sind alle Dateien und Informationen dabei von überall aus erreichbar, auch ohne im Büro zu sein. Es wird auch keine Unternehmens-Hardware benötigt – sie können einfach ihren privaten Laptop oder ihr privates Handy benutzen. Bring-Your-Own-Device, oder BYOD, ist längst in vielen Unternehmen angekommen. Der Trend hält jedoch an.
Eine Herausforderung des Digital Workplace ist sicherlich die Bereitstellung der entsprechenden IT-Infrastruktur und das große Zukunftsthema IT Security. Der Bereich ist schon jetzt einer der am stärksten wachsenden Fachbereiche und diese Entwicklung steht sicherlich gerade erst am Anfang.
Neue Arbeitsformen
Wenn sich die Arbeit selbst nicht ändern würde, wäre vermutlich auch die Veränderung des Arbeitsplatzes weniger radikal. Doch New Work, Industrie 4.0 und viele weitere Phänomene lassen ein "weiter so" nicht mehr zu.
Mit Blick auf den Arbeitsplatz bestimmen mehrere Elemente die Veränderungen der modernen Arbeit. Die Digitalisierung lässt repetitive Jobs allmählich verschwinden und fordert eine ganz andere kreative und soziale Basis des Arbeitsplatzes. Die Agile Transformation verändert allerdings zugleich das Projektmanagement und die Herangehensweise an viele, verstaubte Themen. Hinzu kommt eine entscheidende Flexibilität in der Arbeitszeit und im Arbeitsort. Gemeinsam zur gleichen Zeit im gleichen Raum zu sein ist schon jetzt und in Zukunft noch viel weniger wichtig, als fachlich und persönlich auf einer Ebene zu sein.
Die konkreten Ausprägungen dieser Phänomene sind zahllos. Über Desk Sharing und Home Office haben wir schon gesprochen und auch Themen wie Virtualisierung, Holokratie, und Methoden wie Scrum sind angeklungen. Das, was sie alle zum Arbeitsplatz der Zukunft macht, ist ihre bedingungslose Kombination. Denn das ist das, was in den meisten Unternehmen noch fehlt und was sicher am längsten dauert. All die vielen kleinen Bestandteile sind für sich genommen keine gigantischen Sprünge, doch alle gemeinsam erscheinen schier überwältigend.
Noch mehr über die Arbeit der Zukunft finden Sie übrigens in diesem Beitrag.
Fazit: Keine Science-Fiction, aber ein Paradigmenwechsel
Das alles klingt faszinierend und verführerisch – und so ist es auch. Und vieles ist ja auch bereits Realität. Die Arbeitswelt könnte sich in Zukunft zu ihrem Besseren verändern. Mitarbeiter, die eigenverantwortlich arbeiten, autonome Teams, flache Hierarchien, sinnhafte Aufgaben und das Ende repetitiver Routineaufgaben, enger Regeln und harter Führung. Der Arbeitsplatz der Zukunft funktioniert, wenn die richtigen Bedingungen dafür geschaffen sind.
Doch längst nicht jeder wünscht sich, dass die Grenzen zwischen Job und Privatleben zerfließen – und das ist legitim! Der digitale Arbeitsplatz und die immer größere Bedeutung der Technologie jagen vielen Beschäftigten Angst vor einem Ende der Freiheit und vor ständiger technischer Überwachung ein. Doch natürlich muss es auch in Zukunft Raum für echte Privatsphäre. Auch das Recht, nicht erreichbar zu sein und sich im Feierabend, am Wochenende oder im Urlaub einfach einmal nichts mit den beruflichen Themen zu beschäftigen, bleibt natürlich bestehen.
Doch eigentlich ist das Versprechen der New Work und des neuen digitalen Arbeitsplatzes ohnehin ein anderes. Arbeit kann sinnstiftend und erfüllend sein, so sehr dass die Grenzen zwischen Beruf und Privatem auf natürliche Art verschwimmen. Und nicht nur, weil im Feierabend ständig das Telefon klingelt.
Wenn sich dieses Versprechen erfüllt, dann erst ist der Arbeitsplatz der Zukunft wirklich das, was er sein sollte. Dann ist der Arbeitsplatz irgendein Ort, an dem man das, was man gerne tut, Arbeit nennen kann.