Das Agiles Projektmanagement und seine Methoden
Die „guten alten Zeiten“ des Projektmanagements sind vorbei. Das ist nicht immer schön, aber es ist die Realität. Diese „guten alten Zeiten“ waren keineswegs einfacher oder weniger komplex, aber man hatte sich daran gewöhnt. Projekte etwa nach dem V-Modell folgten einer intuitiven Logik und wurden sauber der Reihe nach bearbeitet.
Manchmal musste der Projektmanager am Ende jedoch feststellen, dass der Kunde eigentlich etwas anderes gemeint hat. Oder zwar vor drei Jahren, in der Planungsphase, genau diese Entwicklung im Sinn hatte, die Anforderungen heute aber ganz andere sind. Die Folge: Unzufriedenheit, hohe Kosten, geringe Effektivität.
Die viel gerühmte Agilität ist eine Antwort auf diese Herausforderung sich ständig verändernder Anforderungen. Das Prinzip des Agilen Projektmanagements kommt aus der IT. Es basiert auf der Annahme, dass eine Software niemals „fertig“ ist, sondern sich immer verändern und weiterentwickeln wird – auch schon während des laufenden Projektes.
Das passte allerdings nicht recht zum klassischen Wasserfall-Ansatz vieler Unternehmen. Es war an der Zeit, für einen Paradigmenwechsel.
Der Startschuss: Das Agile Manifest
Alles begann mit dem Agilen Manifest. Es stellt die geistige Grundlage für das meiste dar, das in den vergangenen Jahren in der Bugwelle der agile Softwareentwicklung ins Business geschwappt ist. Das Manifest wurde 2001 von einer Gruppe IT-Spezialisten verfasst. Die Entwickler beschreiben in vier Leitsätzen und zwölf agilen Prinzipien die bis heute gültige Basis der Agilität.
Demnach soll die Entwicklung von Software in selbstorganisierten, cross-funktionalen Teams geschehen und die höchste Priorität sollte immer sein, die Anforderungen der Kunden genau zu erfüllen. Auch Anforderungsänderungen sind dabei immer willkommen und möglich.
In den zwölf agilen Prinzipien wird noch weiter ausgeführt, wie entscheidend der Gleichklang aus zufriedenen, selbstständigen Teammitgliedern und einem totalen Fokus auf ein funktionierendes Produkt ist. Um das zu erreichen, sind Selbstorganisation, regelmäßiges Feedback und eine völlige Offenheit für jede Anforderungsänderung essenziell.
Agiles Projektmanagement
Auf der Grundlage des Agilen Manifests sind diverse Projektmanagement Tools entstanden.
Das Grundprinzip aller agilen Methoden ist das iterative Vorgehen. Dabei wird nach jeweils einem Zyklus (dem so genannten „Sprint“) der Status Quo überprüft. Das geschieht innerhalb des Projektteams, aber auch direkt mit dem Kunden. So können schnelle Anpassungen und Prioritätsänderungen vorgenommen werden. Mitunter stellt sich die genaue Spezifikation eines Projekts so auch erst im Laufe der Bearbeitung heraus.
Zudem ist im agilen Projektmanagement der Mindset innerhalb eines Teams von entscheidender Bedeutung. Da im Agile Kontext auf Eigenverantwortung und Fehlerkultur Wert gelegt wird, müssen die Mitglieder eines Teams sich auch selbst den agilen Prinzipien verpflichten. Nur wenn alle sich auf ein Regelwerk einigen und die gewählten Methoden sauber anwenden, kann eine Projekt „agile“ und erfolgreich sein.
Und nur dann können die Methoden auch ihr Versprechen einlösen: effiziente, flexible Abläufe mit motivierten Teams und glücklichen Kunden. Das agile Projektmanagement ist keineswegs ein Selbstbedienungsladen, aus dem man die Methode wählt, auf die man gerade Lust.
Agile Methoden – eine Auswahl
Es ist wichtig, sich genau mit den zahlreichen agilen Prozessen auseinanderzusetzen, bevor man ein Vorgehen auswählt – am besten sogar mit einem Agile Coach. Dessen Erfahrung im Thema hilft, um für die individuellen Teams und Herausforderungen, die besten agilen Methoden auszuwählen.
Die folgende Auswahl einiger der bekanntesten Methoden, zeigt bereits, welche Bandbreite es im agilen Projektmanagement gibt. Darüber hinaus existieren natürlich noch eine Vielzahl weiterer agile Methoden, die oft auch nur Teilbereiche abdecken. In der IT sind das beispielsweise für Entwickler das Extreme Programming oder die Paarprogrammierung.
Lean-Startup
Lean-Startup ist ein Ansatz im Projektmanagement, bei dem mit möglichst kurzen Entwicklungszyklen ein Produkt geschaffen wird. Der Fokus liegt auf einem „fail fast“-Ansatz und der Überzeugung, den Erfolg eines Produktes ohnehin erst beim Launch durch das Kundenfeedback beurteilen zu können. Nachjustiert werden muss eigentlich immer. Ein möglichst schneller Release spart dementsprechend also letztlich Zeit und Geld.
Design Thinking
Design Thinking ist ein kreativer Ansatz zur Problemlösung und zur Entwicklung neuer Ideen. Dabei wird versucht, die Perspektive des Nutzers einzunehmen und durch mehrere Prozessschritte ein spezifisches Bedürfnis theoretisch zu lösen. Trotz seines bunten, kreativen Daherkommens, ist die Design Thinking Methode sehr strukturiert und ihr Erfolg beruht auf schnellen, konkreten Ergebnissen.
Delegation Poker
Delegation Poker ist eine kurzweilige, spielerische Methode, um Verantwortlichkeiten und Entscheidungen in einem Team zu besprechen. Das Delegation Poker basiert auf der Erkenntnis, dass es in puncto Delegation mehr Möglichkeiten gibt, als ein bloßes „du oder ich“. Mit 7 Stufen der Delegation können so auf einfache Art Prinzipien erarbeitet werden, nach denen sich ein Team selbst organisiert. Gerade im Management wird diese agile Methode gern eingesetzt.
Kanban
Kanban ist eine evolutionäre Change Management Methode, mit dem man Systeme iterativ verändert/optimiert. Kanban eignet sich also um komplette Systeme zu verändern genauso wie zur Optimierung von Workflows und Tasks - also somit zum Projektmanagement. Das Grundprinzip ist die Konzentration auf einige wenige Aufgaben, die gleichzeitig bearbeitet werden. Zentral ist dabei die Visualisierung des jeweiligen Fortschritts auf einem so genannten Kanban-Board. Das einfachste Kanban-Board besteht aus drei Spalten: To Do – Doing – Done. Jede Aufgabe wird dabei von links nach rechts über das Board bewegt.
Scrum
Eine der bekanntesten und elaboriertesten Agile Methoden ist Scrum. Scrum ist ist ein Vorgehensmodell des Projekt- und Produktmanagements, insbesondere zur agilen Softwareentwicklung. Es setzt auf kurze Intervalle, in denen ein definiertes Aufgabenset bearbeitet wird. Nach jedem dieser Sprints wird nachjustiert, ein neues Set an Aufgaben definiert und die Anforderungsliste überprüft. Ein Scrum Master berät das selbstorganisierte Team dabei methodisch.
Achtung: Eine Brücke baut man nicht agil
Bei aller wohlgemeinter Begeisterung über Scrum, Kanban und die agilen Methoden an sich: Agilität ist kein Allheilmittel. Nicht alle bewährte Methoden müssen jetzt über den Haufen geworfen werden, denn auch das klassische Projektmanagement hat noch seinen Platz.
Ein schlichtes Beispiel, um das zu illustrieren, ist der Bau einer Brücke über einen Fluss. Ein iteratives Vorgehen ergibt hier objektiv betrachtet keinen Sinn. Wer auf halber Strecke schon einmal probiert, ob die Brücke bereits grundsätzlich funktioniert, landet im Wasser. Eine Brücke über einen Fluss ist ein sehr gut planbares Vorhaben mit einem eindeutigen Ziel und ohne Backlog. Es gibt keine Features, auf die verzichtet werden könnte und kein A/B-Testing, welche Flussüberquerung bei den Usern besser ankommt. Kurzum: Eine Brücke baut man nicht agil, denn es ist keine komplexe, sondern "nur" eine komplizierte Aufgabenstellung. Und solche Projekte gibt es eben auch in Agilen Organisationen und modernen Unternehmen noch immer (mehr zu komplizierten und komplexen Systemen und dem Cynefin Framework hier).
Beim Thema Scrum & Co heißt es also, das Augenmaß nicht zu verlieren: Auch die beste Agile Methode kann nur scheitern, wenn sie beim falschen Projekt verwendet wird.